Die Musik, die David Sylvian auf seinen beiden letzten Alben „Blemish“ und „Manafon“ veröffentlcht hat, ist einigermassen kompromisslos und eher schwer verdaulich. Einen leichteren Zugang zum Spätwerk des Mannes geben die versammelten Zusammenarbeiten mit verschiedenen Musikern und Projekten, die es derzeit auf der „Sleepwalkers“ Compilation zu hören gibt. In einem angenehm langen Interview (Qualitätsblogging…) auf dem Blog von Robert Leeming äußert sich Sylvian u.a. zu Aspekten aus den letzten zehn Jahren seiner Arbeit und seiner Einstellung zu Dirk Bogarde. Die beiden Posts hier und hier.
Mit „Le Noise“ hat Neil Young dieses Jahr eines seiner vielleicht besten Alben überhaupt aufgenommen. Vor allem, wenn man auf die minimalistisch-epische Produktion von Daniel Lanois steht, der am 29.10. selber mit seinem Black Dub Album Projekt herauskommt, einige Monate, nachdem er bei einem Motoradunfall beinahe ums Leben gekommen wäre. Black Dub ist seine bereits letzes Jahr produzierte Version eines live-alles-in-einem-Take-aufnehmen Rockalbums, das der jamaikanischen Dub-Tradition Respekt zollt. Well.
Ansonsten ein paar aktuelle Video Links:
Wer die Shows der aktuellen Grinderman Tour besucht, kann Anna Calvi live im Vorprogramm sehen. Alle anderen müssen sich mit dem Clip zu ihrer neuen Single „Jezebel“ begnügen. Ein Edith Piaf-Klassiker im rauen Gewand mit Harmonium und Schlagzeug Begleitung. * Caitlin Rose ist 23, kommt aus Tennessee und ihre Musik klingt auf „Shanghai Cigarettes“ so bodenständig und frisch wie diese Mischung verspricht. Auf Dauer wahrscheinlich zu süss, aber für den Moment recht schön. * Die obligatorischen kanadischen Indie-Rocker dieser Woche, Wolf Parade, sind im Clip zu „Yulia“ auf Kosmonautentraumebene im All unterwegs. * Freunde des Schottischen können sich über eine Mini-LP (neun Minuten) von Aidan John Moffat (Arab Strap) freuen. „Whisper It“ gibt eine, äh, kurze Vorschau. * Radical Face (geboren als Ben Cooper) hat eine neue Platte bei Morr Music in der Pipeline und viele Kinder in der Verwandschaft. Mit letzteren hat er ein Video zum Track „Doorways“ von ersterer gedreht. * Großstadtpop, MP3 Musik für U-Bahnfahrten und so was. Nicht mehr, nicht weniger. Das machen die portugiesischen Johnwaynes, auf dem Track „The One“ mit Unterstützung der schwedischen Musikerin Siri Svegler. * Die Erwartungen an Hyperdub Releases sind sehr hoch. Innovation, Zukunft, der beste Bass der Welt sollen hier zusammenkommen. Darkstar covern erstmal „Gold“ von The Human League und waren für das Video dazu bei der Kernspinn Tomografie oder sowas. * 2 Bears, das Projekt von Hot Chips Joe Goddard und DJ Raf Rundell, beglücken uns mit zwei eher inoffiziellen Videos zu ihrer „Curious Nature“ EP. Das Titelstück ist dabei clublastiger, während „Church“ definitiv auch was für Hot Chip Fans ist. * Eskmo ist ein Dubstep Produzent, der es schaffen kann, dem Genre einen weiteren Crossover-Albumbaustein zu verschaffen, ohne in die Prolo-Schiene von Magnetic Man und ähnlichen Ballermann Projekten abzugleiten. Daran ändert auch das irgendwie unansehnliche und überproduzierte Video für „Lands and Bones“ nicht. Das Stück selbst ist gewohnt gut. * Wenn man dann den Hype abzieht, bleibt bei Uffie eigentlich doch schöne Popmusik übrig. Der Clip zu „Difficult“ ist nicht besonders innovativ, aber die Hookline „Don’t worry if I write rhymes, I write checks“ ist irgendwie charmant und könnte ein selbstreferentieller Scherz der notorisch unfleissigen Uffie an die Adresse ihrer geduldigen Produzneten (hier SebastiAN) sein. * Ginge es nach ihrer Platenfirma, wären Jed And Lucia Kaliforniens Antwort auf alles Mögliche: Neo-Folk, Chillwave, Jose Gonzales, Boards Of Canada. Ihr „Apostrophe“ bedient das nicht alles, aber den The Mamas And The Papas Wiedergänger Anstrich vermittelt die Footage der hochschwangeren Lucias in eindeutiger, wenn auch banaler Weise. * Sharon Jones und ihre Dap-Kings standen ja in den letzten Monaten gerne im Mittelpunkt der Debatte über den Wert von originalgetreuen Aufbereitungen vergangener Musikepochen, hier Soul der 60er und 70er jahre. Wie retro oder brand new das klingt und aussieht, kann jetzt nochmal bei „If You Call“ überprüft werden, das nun endlich auch „in meinem Land verfügbar“ ist. * Die Band im Video als gepiercte Modeopfer, stark referentieller 80er Popsound, übertriebene Harmoniser-Vocals – eigentlich dürfte ich „Skyful Of Rainbows“ von Wilder, einer durchschnittlich 20jährigen, äh, Nu Wave Hoffnung aus Bristol nicht mögen. Tue ich aber doch. * Wenn das man kein Filmstudenten-Werk ist. Der Clip zu „Hey Cool Kid“ von Cloud Nothing verbindet Nerdkultur, Highschool und Basketball mit Video-Editing zum kleinen Shortmovie, der einen fast die ganz schöne Musik dazu überhören lässt. * Mumdance alias Jack Adams aus Brighton ist ein Diplo-Zögling und sein mit Esser produziertes „Don’t Forget Me Now“ hat gearde den richtigen Pop-Anteil, um nicht nur stumpfes Club-Geballer zu sein. Im Video lip-synched ein Korb aus dem Obst- und Gemüsegeschäft. * Der progressiv multipel agierende (will sagen: omnipräsente, umtriebige und musikalisch fortschrittliche) Drummer Zach Hill kommt demnächst mit einem Album und hat schon mal eine surreal weirde Nummer namens „The Primitives Talk“ als Vorab-Clip veröffentlicht. * Der heiße neue Scheiß aus Brasilien sind Babe, Terror, deren „Havai“ vom heißen Scheiß aus New Jersey, Memory Tapes remixt wurde. Zusammen so heiß, dass hier dieser beknackte Chillwave Begriff einfach nicht passen will.
Und damit sei erstmal genug.